Ausgleichsansprüche bei Codesharing: Entscheidend ist der Buchungscode

Das Amtsgericht Rüsselsheim (Az.: 3 C 3947/13 (31)) hat für den Fall des Codesharings zugunsten der Passagiere entschieden, dass die Fluggesellschaft, die den Flug laut Buchungscode auf den Buchungsunterlagen ausführt, auch die Ausgleichsansprüche bei Flugverspätung zahlen muss – unabhängig davon, ob  der Flug dann tatsächlich von ihr oder einer anderen Fluggesellschaft durchgeführt wurde.

Im konkreten Fall konnte ein Flug von Varadero nach Frankfurt am Main nur mit über 22 Stunden Verspätung durchgeführt werden. Der Flug sollte laut Buchungsbestätigung von der verklagten Airline ausgeführt werden, ein Hinweis auf eine andere Fluggesellschaft als Subunternehmen bzw. Codesharing-Partner fehlte. Die verklagte Airline zog sich vor Gericht auf den Standpunkt zurück, dass der Flug de facto aber von einer anderen Fluggesellschaft durchgeführt worden sei, sie also nicht „ausführendes Luftfahrtunternehmen“ im Sinne der EG-VO 261/2004 sei und daher nicht zahlen müsse.

Das sah das Amtsgericht anders: Da ausweislich der Buchungsunterlagen der Flug lediglich durch die verklagte Airline erfolgen sollte, sei es unerheblich, dass die Beklagte den Flug nicht selbst, sondern durch ein anderes Unternehmen erbracht habe. Die Gesellschaft, deren Flugcode auf den Buchungsunterlagen angegeben sei, sei auch als ausführendes Luftfahrtunternehmen im Sinne der Verordnung anzusehen.

Da in der Praxis zahlreiche Flüge im Codesharing von kooperierenden Fluggesellschaften durchgeführt werden (der Passagier also bei der einen Gesellschaft bucht, dann aber von der anderen Airline befördert wird), kommt dem Urteil große praktische Bedeutung zu. Dass das Amtsgericht hier auf die Sicht der Verbraucher bei Buchung abstellt, ist zu begrüßen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob sich diese Rechtsprechung auch bei den anderen Amtsgerichten und in den höheren Instanzen durchsetzen wird.

Über den Autor

Rechtsanwalt Boris Narewski ist seit 2007 mit eigener Kanzlei in Berlin vertreten. Sein klarer Schwerpunkt ist das Reiserecht. Zu seinen Mandanten zählen sowohl Privat- und Geschäftsreisende als auch Reiseveranstalter. Er ist u.a. Mitglied im DAV (Deutscher Anwaltverein), im Berliner Anwaltverein sowie in der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht e.V. (DGfR).