EuGH: Ausgleichszahlungen auch bei verpasstem Anschlussflug und streikbedingter Überbuchung

Wer einen Flug gebucht hat, pünktlich erscheint und dann nicht mitgenommen wird, hat Anspruch auf eine Entschädigung wegen Nichtbeförderung. Das ist in der EU-Verordnung 261/2004 geregelt, die für diese Fälle u.a. eine Ausgleichszahlung bis zu 600,- Euro pro Person vorsieht.

Der EuGH hat diese Passagierrechte jetzt noch einmal gestärkt: In der Praxis häufigster Fall der Nichtbeförderung ist die Überbuchung – dieser Fall ist von der Rechtsprechung auch längst eindeutig zugunsten der Fluggäste entschieden.  Was aber, wenn der Passagier unverschuldet erst „kurz vor Toresschluss“ erscheint, weil der entsprechende Zubringerflug verspätet war? Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat jetzt klargestellt, dass Passagiere auch in diesem Fall Anspruch auf eine Ausgleichszahlung haben – zumindest dann, wenn der verspätete Zubringerflug bei der gleichen Airline gebucht wurde. Im konkreten Fall hatte sich der Zubringerflug von La Coruna nach Madrid um mehrere Stunden verspätet, so dass die Passagiere ihren Anschlussflug von Madrid nach Santo Domingo nur knapp erreichten. Die betroffene Fluggesellschaft Iberia hatte die entsprechenden Tickets schon annulliert, als die Passagiere mit dem letzten Aufruf doch noch erschienen. Es handele sich um einen Fall der Nichtbeförderung im Sinne der EU-Verordnung, entschieden die EuGH-Richter und verurteilten Iberia zu entsprechenden Ausgleichszahlungen.

In einem anderen Fall hatte die finnische Airline Finnair einen Teil ihrer Flüge nach einem Streik auf die nachfolgenden Flüge umorganisiert, worauf wiederum ein Teil der Fluggäste, die diese Flüge normal gebucht hatten, ihre Flüge nicht antreten konnten und die nächste Maschine nehmen mussten.

Der EuGH stellte klar, dass diese Folgen eines Streiks und spätere Anschlussflüge nicht den Fluggästen zuzurechnen sind und daher in beiden Fällen den Passagieren entsprechende Ausgleichszahlungen zustehen (Rechtssachen C-321/11 und C-22/11).

Über den Autor

Rechtsanwalt Boris Narewski ist seit 2007 mit eigener Kanzlei in Berlin vertreten. Sein klarer Schwerpunkt ist das Reiserecht. Zu seinen Mandanten zählen sowohl Privat- und Geschäftsreisende als auch Reiseveranstalter. Er ist u.a. Mitglied im DAV (Deutscher Anwaltverein), im Berliner Anwaltverein sowie in der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht e.V. (DGfR).