BGH: Vorverlegung eines Fluges löst Ausgleichsansprüche nach EG-VO 261/2004 aus

Dass ein verspäteter Flug ähnlich wie ein annullierter bzw. ausgefallener Flug grundsätzlich Ausgleichsansprüche nach EG-VO 261/2004 auslösen kann, ist durch die Rechtsprechung mittlerweile geklärt. Aber was ist, wenn der Flug nicht verspätet, sondern „verfrüht“ startet, weil er kurzfristig vorverlegt wurde? Mit dieser Frage hat sich nun der BGH auseinandergesetzt. Im konkreten Fall wurde der Flug von 17.25 Uhr auf 8.30 Uhr (also rund 9 Stunden) vorverlegt und die Passagiere hierüber erst 3 Tage vor dem Abflugtag informiert.

Während das zuständige Landgericht noch davon ausging, dass weder eine Verspätung noch eine Flugannullierung vorliege und daher den Passagieren auch keine Ausgleichszahlung zustehe, sieht der Bundesgerichtshof (BGH) dies anders: Nach Ansicht des BGH ist davon auszugehen, dass bei einer Vorverlegung des Fluges um mehrere Stunden der ursprüngliche Flugplan aufgegeben wurde. Und die Aufgabe des Flugplanes sei kennzeichnend für eine Flugannullierung. Dementsprechend liege eine Flugannullierung (verbunden mit dem Angebot einer früheren Beförderung) vor. Und eine solche Flugannullierung löst Ausgleichsansprüche nach Art. 7 Abs. 1 EG-VO 261/2004 aus. Die betroffene Airline hat die Klageforderung daraufhin anerkannt (BGH, Anerkenntnisurteil vom 09.06.2015, Az: X ZR 59/14).

Über den Autor

Rechtsanwalt Boris Narewski ist seit 2007 mit eigener Kanzlei in Berlin vertreten. Sein klarer Schwerpunkt ist das Reiserecht. Zu seinen Mandanten zählen sowohl Privat- und Geschäftsreisende als auch Reiseveranstalter. Er ist u.a. Mitglied im DAV (Deutscher Anwaltverein), im Berliner Anwaltverein sowie in der Deutschen Gesellschaft für Reiserecht e.V. (DGfR).